Die Kirche der Zukunft ist groß und klein

Wenn sie von „der Kirche“ reden, meinen die meisten Christen in der Regel den Gottesdienst. Sicher würden sie zustimmen, dass die Kirche die Gemeinschaft der Christen, der Leib Christi, ist – doch im alltäglichen Sprachgebrauch hat es sich etabliert, Kirche und Gottesdienst gleichzusetzen. Und das aus naheliegendem Grund: Der Gottesdienst ist der zentrale Ort, an dem aktuell Kirche gelebt wird. Dort ist der größte Teil der Gemeinschaft vertreten, dort wird die meiste Arbeit und das meiste Geld investiert und in ihm findet sich der zentrale Ausdruck des Glaubens.

Lies außerdem diese Blogartikel in der Reihe "Die Kirche der Zukunft ist..."

Die Erfolgsgeschichte des Gottesdienstes

Seitdem Willow in den 80er Jahren damit begonnen hat, waren attraktive Gottesdienste viele Jahre lang DAS Modell von Kirchen, die als erfolgreich bezeichnet wurden und viele, vermeintlich weniger erfolgreiche Kirchen, versuchten es nachzuahmen: Möglichst alles sollte mit Exzellenz umgesetzt werden: Die Predigten unterhaltsam und kommunikationsstark, Lobpreis auf Konzertniveau, Licht, Ton und Bild hochwertig produziert, geschulte Mitarbeiter im Willkommensteam, guter Kaffee und durchdesignte Flyer für das Follow Up.

Das hat zunächst auch funktioniert: Christen, die eingestaubte Sonntagvormittage gewohnt waren, erlebten Gottesdienste, zu denen es ihnen nicht peinlich war, ihre Freunde einzuladen. Und Nichtchristen waren überrascht, wie modern und anders Kirche doch auch sein kann. Der Gottesdienst war einfach ein tolles Erlebnis. Und Menschen kommen dazu.

 Das Problem mit Gottesdiensten

Doch früher oder später kommt der Gottesdienst an Grenzen. Es kommen immer mehr Menschen dazu und damit steigt die Komplexität: Bessere Technik, größere Veranstaltungsräume, zweiter Gottesdienst, mehr Arbeit. Und die muss jemand schaffen. Also wird die Werbetrommel für ehrenamtliche Mitarbeiter gerührt. Die sind dann mit Arbeit und Treffen unter der Woche so eingespannt, das kaum noch Zeit für z.B. ein Treffen mit nichtchristlichen Freunden bleibt. Und Gottesdienstbesucher, die potenziellen Mitarbeiter, werden von der Produktionsqualität abgeschreckt, weil sie nicht glauben da mithalten zu können. Und so geht die Schere zwischen den konsumierenden Gottesdienstbesuchern und den produzierenden Mitarbeitern auseinander. Kirche wird gemacht. Währenddessen steigt der Druck auf die Leiter. Es braucht kontinuierlich neue Mitarbeiter, auch weil einige der hohen Belastung nicht mehr nachgeben wollen und aussteigen. Eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern, das schaffen am Ende nur junge Leute, die ungebunden sind, keine Familie haben und auch noch nicht im Job so stark gefordert sind. Und finanziert werden muss das ja auch. Vom Pastor werden Fähigkeiten verlangt, die im Theologiestudium nicht gerade zentral sind. Es ist schwer das zu leiten und einige starke Persönlichkeiten schaffen das auch. Andere jedoch brennen aus und werfen ihren Dienst hin.

Was kann der Gottesdienst?

Versteh mich nicht falsch: Ich liebe gute Gottesdienste! Schlechte Gottesdienste finde ich einfach…schlecht. Und ich werde noch begründen, warum es immer Gottesdienste brauchen wird. Doch lasst uns fragen, was dieser ganze Aufwand gebracht hat: Wie viele Menschen haben sich dadurch für ein Leben mit Jesus entschieden? Wie viel geistliche Reife haben sie hervorgebracht? Nicht, dass der Gottesdienst keine Wirkung hat! Meine Frage ist die nach der Effektivität. Die Investition steht zum Nutzen in keinem Verhältnis.

Ich glaube wir überfordern den Gottesdienst, er soll die eierlegende Wollmilchsau sein. Wie finden Menschen zu Jesus? Im Gottesdienst. Wo beten wir an? Im Gottesdienst. Wo kämpfen wir im Gebet miteinander? Im Gottesdienst. Wo übernehmen neue Mitarbeiter ihren ersten Dienst? Im Gottesdienst. Wo lesen wir Gottes Wort und richten uns daran aus? Im Gottesdienst.  Wo bekennen wir unsere Schuld und tun Buße? Im Gottesdienst. Wo werden wir herausgefordert Glaubensschritte zu gehen? Im Gottesdienst. Wo wachsen Menschen in ihrer Jüngerschaft und werden zu Jüngermachern? Im Gottesdienst. Es ist ja nicht so, dass der Gottesdienst dafür nutzlos wäre, aber das alles in den paar Minuten jeden Sonntag ist zu viel.

Was der Gottesdienst wirklich hervorragend kann, ist die große Gemeinschaft der Ortsgemeinde zusammen in Anbetung vor Gott zu bringen. Außerdem gibt es keinen anderen Ort, an dem sich eine Gemeinschaft durch die Lehre gemeinsam ausrichten kann. Und dafür ist der Gottesdienst unersetzlich, diesen Dingen muss Raum gegeben werden.

Was es noch braucht

Ja, die Zukunft der Kirche liegt auch weiterhin im großen Gottesdienst – und gleichzeitig auch im Kleinen. Denn wo der Gottesdienst an seine Grenzen stößt, beginnt die Stärke von kleinen Jüngerschaftsgruppen, die den individuellen geistlichen Reifeprozess eines Menschen begleiten. Denn das kann kein noch so guter Gottesdienst leisten.

In ihrem Buch „Critical Journey” beschreiben Janet Hagberg und Robert Guelich sechs Glaubensphasen. Während die ersten drei Phasen der Anerkennung Gottes, des Kennenlernens und Dienens durch Gottesdienste gut begleitet werden können, braucht es ab der Zeit der ersten Glaubenskrisen eine tiefere, persönliche Begleitung. Die allgemeinen Lehraussagen einer Predigt helfen hier nicht mehr so, wie sie es zuvor taten. Und die Tragik ist, dass viele Christen in ihrem Reifeprozess dann einfach an dieser Stelle hängenbleiben, weil den Kirchen eine Strategie für tiefergehende Jüngerschaft fehlt. (Danke John Mark Comer, für diesen Gedanken.)

An dieser Stelle ist es ein Segen, dass so viele – besonders junge – Menschen gerade nach Echtheit suchen, nach Authentizität. Es braucht die Glaubwürdigkeit eines Menschen, der persönlich und lebensnah von seinen Erfahrungen teilt. Menschen brauchen es, im Leben von anderen die Realität des Unterwegsseins mit Jesus mitzuverfolgen. Es braucht Orte, an denen sie ihre kritischen Fragen stellen können, ohne verurteilt zu werden. Es braucht das an-die Hand-nehmen durch Herausforderungen und Krisen hindurch. Es braucht Jüngermacher.

Wie Jesus Jüngerschaft gelebt hat

Der beste Ort dafür ist eine Kleingruppe – Zumindest hat Jesus das so gemacht. Seine kleine Gruppe bestand aus 12 Jüngern, mit denen er drei Jahre lang Leben geteilt hat. Es braucht diese Jüngerschaftsbeziehungen, das gemeinsam unterwegs sein. Dort gibt es den Austausch, die Herausforderung und die Ermutigung, die den Einzelnen in seiner Situation angemessen wahrnimmt. Interessant, oder? Wenn du an Jesu Stelle gewesen wärst und hättest drei Jahre Zeit, um das Evangelium bis an das Ende der ganzen Welt zu bringen, die damals ja zum Teil noch nicht einmal bekannt war – Wie hättest du das gemacht? Dreimal jeden Sonntag den Tempelvorplatz gefüllt? Das hätte Jesus sicher gekonnt. Doch er entscheidet sich für die intensive Beziehung, weil er weiß, dass das nachhaltig die Herzen verändert und letztendlich so die ganze Welt seine Botschaft hören wird. Kirche muss kleiner werden, weil im Kleinen die notwendigen tiefgehenden Veränderungsprozesse geschehen können.

Die Kirche der Zukunft ist klein und groß

Dieser Artikel ist nicht gegen Gottesdienste, sondern für Jüngerschaft. Die Kirche der Zukunft versteht, dass Jüngerschaft das ist, worauf es ankommt. Deshalb richtet sie sich so aus, dass Jüngerschaft gelebt wird. Wo der Gottesdienst dazu beitragen kann, Jüngerschaft zu fördern, wird es Gottesdienste geben. Wo Kleingruppen dazu beitragen, Jüngerschaft zu fördern, wird es Kleingruppen geben. Die Kirche der Zukunft ist klein und groß, weil sie den besten Weg sucht, Menschen zu Jüngern zu machen.

hallo news!

Wir freuen uns darauf, euch regelmäßig zu informieren. in der mail wartet ein kleines geschenk auf dich :)