Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Horst Engelmann.
Horst hat viele Jahre den Missionsbereich im Forum Wiedenest geleitet und bezeichnet sich selbst als Brückenbauer zwischen Kulturen, Generationen und Organisationen. Er ist Mitinitiator von „Intercultural Church Planting“, einem Netzwerk, was mithelfen möchte, dass in den nächsten 10 Jahren über 100 interkulturelle Gemeinden entstehen.
Knapp jeder dritte Mensch in Deutschland hat aktuell einen Migrationshintergrund. Schaut man sich Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren an, sind es sogar schon fast 40%. Und in einigen Großstädten haben wir einen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund von fast 70%. Wie können wir Gemeinden bauen, in denen sich diese Entwicklung widerspiegelt? Wie können Gemeinden zukunftsfähig werden, indem sie Kirche für Menschen aus verschiedenen Kulturen sind? Und was können wir als Kirchen tun, um diese Menschen nicht zu übersehen, sondern sie als Gottes Geschenk und als eine Bereicherung wahrzunehmen? Mit diesem Artikel möchten wir dich herausfordern, Kirche interkulturell zu denken und zu leben.
Die Kirche des ersten Jahrhunderts war interkulturell
Jesus hat seine Kirche an Pfingsten gestartet, als ganz viele Juden aus der damaligen Diaspora (Zerstreuung) nach Jerusalem gekommen waren (Apg.2). Das war kein Zufall, sondern Gottes Plan. Er offenbart das Wesen von Gemeinde von Beginn an als interkulturelle Gemeinschaft:
Gal. 3,28: „Hier gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Griechen, zwischen Sklaven und freien Menschen, zwischen Mann und Frau. Denn durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle zusammen ein neuer Mensch geworden.“
Eph. 2,14: „Ja, Christus selbst ist unser Frieden. Er hat die Zweiteilung überwunden und hat aus Juden und Nichtjuden eine Einheit gemacht. Er hat die Mauer niedergerissen, die zwischen ihnen stand, und hat ihre Feindschaft beendet.“
Die Zukunft der Kirche in der Ewigkeit ist interkulturell
Off. 7,9-10: „Danach sah ich eine riesige Menschenmenge aus allen Stämmen und Völkern, Menschen aller Sprachen und Kulturen; es waren so viele, dass niemand sie zählen konnte. In weiße Gewänder gehüllt, standen sie vor dem Thron und vor dem Lamm, hielten Palmzweige in den Händen und riefen mit lauter Stimme: »Das Heil kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm!«“
Es ist klar, dass es in der Ewigkeit nicht getrennte Räume gibt für unterschiedliche Volksgruppen. Alle Jesusnachfolger werden Gott gemeinsam loben. Offensichtlich ist ihre Herkunft noch weiterhin erkennbar („aus allen Stämmen und Völkern, Sprachen und Kulturen“). Aber es ist eine große Anbetungsgemeinschaft.
Wenn also sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft der Kirche interkulturell ist, dann macht es Sinn, auch in der Gegenwart zu lernen als interkulturelle Kirche zu leben:
Das Wesen von Gemeinde Jesu ist interkulturell im hier und jetzt
Christen haben in den letzten Jahrhunderten diese Wesenseigenschaft von Kirche nicht immer verstanden und gelebt. In sehr vielen Volksgruppen findet man den sogenannten „Ethnozentrismus“ wo man denkt, die eigene Volksgruppe sei den anderen überlegen und man müsse auch in der Kirche gegen die „Überfremdung“ kämpfen.
Durch die verstärkte weltweite Migration im 21. Jahrhundert gibt es plötzlich Menschen vom gesamten Globus in allen Ländern. Deutschland ist dabei einer der Vorreiter der Vielfalt der verschiedenen Ethnien, die hier eine neue Heimat suchen. In vielen Teilen der Gesellschaft spiegelt sich diese Vielfalt schon wider. Zum Beispiel haben Menschen aus der ganzen Welt Heimat gefunden in Fußballvereinen. Warum gibt es also Ortsgemeinden, in denen diese Interkulturalität immer noch keine Wirklichkeit geworden ist? Warum entspricht der allergrößte Teil unsere Gemeinden in Deutschland weder dem biblischen Vorbild von Gemeinde noch der Situation in unserer Gesellschaft?
Was bedeutet eigentlich „interkulturell“?
Und wie sieht der Weg hin zu einer interkulturellen Gemeinde aus?
Am einfachsten ist es, wenn eine Gemeinde gleich von Anfang an durch ein interkulturelles Team gegründet wurde. Dann wird die interkulturelle DNA von allen Besuchern und neuen Gemeindegliedern „erspürt“ und wenn sie bleiben auch verinnerlich.
Aber auch eine bestehende monokulturelle Gemeinde kann sich entscheiden, interkulturell zu werden. Entscheidend ist die INTENTION der Leiterschaft. Wenn die erkannt hat, dass die Geschichte und die Zukunft von Kirche interkulturell ist und dies zum Wesen von Gemeinde Jesu gehört, dann kann eine Ortsgemeinde einen Transformationsprozess durchlaufen von einer monokulturellen über eine „mono-multikulturelle“ Gemeinde (diesen Ausdruck hat Dr. Stephen Beck in seinem Buch „Mission Mosaikkirche: Wie Gemeinden sich für Migranten und Flüchtlinge öffnen“ geprägt) hin zu einer wahrhaft interkulturellen Gemeinde zu durchlaufen. Dazu ist es hilfreich, wenn bestimmte Mitarbeiter mit interkulturellem Hintergrund in der Gemeinde vorhanden sind:
Und jetzt?
Die Missionsorganisationen in Deutschland haben Erfahrung in der interkulturellen Arbeit und können Gemeinden beraten, wenn sie interkultureller werden möchten. Das Netzwerk „Interkulturelle Gemeindegründung“ hilft zusammen mit M4 Germany, wie Gemeindegründer von Beginn an eine interkulturelle DNA prägen können.
Gott ist ein vielfältiger Gott (Eph. 3,10) und eine Gemeinde, die diese Vielfalt lebt, drückt Gottes Wesen aus. Gott ist ein Gott aller Kulturen und er hilft durch seinen Heiligen Geist dabei, dass einzelne Menschen und ganze Gemeinschaften transformiert werden können.
ROOTED Deutschland unterstützt Kirchen dabei, Menschen in die Nachfolge Jesu zu führen und so einen geistlichen Aufbruch zu erleben.